Leseteufel Deutsch

Kutscher Volker

    Der nasse Fisch

Kiepenheuer&Witsch, Köln 2008

Precht

Volker Kutscher (Jg. 1962) sagt im Klappentext von sich selbst, er habe “brotlose Künste” studiert, ehe er über den Journalismus zum Bücherschreiben gekommen ist.

Sein Sujet ist das Berlin von 1929 und zu diesem Zweck hat er alte Stadt- und Bebauungspläne sowie die politische Situation genau studiert. Berlin wird von den “Roten” regiert, die von den Kommunisten auf der einen Seite, den Rechten auf der anderen Seite bedrängt werden. In der aufgeheizten Stimmung steht die Kriminalpolizei zwischen den Fronten.

Als eine böse zugerichtete Leiche aus dem Landwehrkanal gefischt wird, gelingt es den zuständigen Behörden nicht, den Mord aufzuklären, so dass der Fall als “nasser Fisch” zu den Akten gelegt wird.

Nur Kriminalkommissar Gereon Rath lässt nicht locker, obwohl er als Neuzugang aus dem Rheinischen der Sitte zugeordnet ist. Er hat bei seinen neuen Kollegen einen schweren Stand, nur der “Onkel” Wolters, sein schwergewichtiger unmittelbarer Chef, nimmt ihn unter seine Fittiche, was später zu großen Komplikationen führt.

Kutscher verliebt sich in Charly, eine Mitarbeiterin bei der Kripo, und hat mit ihr unter anderem einen “Quickie”, damals zwar sicher auch schon üblich, aber nicht so benannt. Auch dass Rath als möblierter Herr jeden Morgen duschen kann, ist wenig glaubwürdig, soweit haben Kutschers Recherchen nicht gereicht.

Die Handlung entwickelt sich äußerst vielschichtig, ja verworren; Rath ist keineswegs strahlender Held, sondern sammelt immer mehr Dreck an seinem Stecken. Schon damals spielen die Russen in Berlins Unterwelt eine große Rolle, auch die Bautätigkeit wird als ähnlich lärmend beschrieben.

Das Ende ist wenig befriedigend und zeigt halt doch, dass Kutschers Schwerpunkte woanders liegen als die eines routinierten Krimilesers. Aber die Atmosphäre in Berlin kurz vor Hitlers Machtergreifung ist schon packend dargestellt, wenn auch Kutschers allzu bemüht formuliert: “Immer noch spiegelten die nassglänzenden Straßen einen weißgrauen Himmel, regenschwarze Wolken hingen über der Stadt” (S.27).