Leseteufel Deutsch

Ransmayr Christoph

    Atlas eines ängstlichen Mannes

Fischer, Frankfurt 2012

Precht

Nach langer Zeit hat Ransmayr diese Sammlung von kurzen und kürzesten Reisegeschichten veröffentlicht, einen Top-Titel wie die Bücherei auf dem Umschlag vermerkt. Der Leseteufel muss gestehen, dass er anfangs sehr gefremdelt hat. Wie immer geht Ransmayer inhaltlich und sprachlich sehr manieriert vor. Das beginnt mit den immer gleichen Kapitelanfängen: “Ich sah...” geht über die selbstherrliche Auswahl  der Sujets bis zu einer mitunter störenden Leidenschaft für den Genitiv.

Aber wenn sich der Leser erst mal auf Ransmayrs Sicht der Welt einlässt, entfaltet sie eine suggestive Kraft, die fast wie ein Mantra meditativen Charakter hat. Und dass es Ransmayr auch darum geht, zeigt ja die letzte Geschichte bei Mönchen in Nepal.

Vielleicht sollte man immer nur eine Geschichte lesen, dann wieder Pause machen. Neben exotischer Ferne tauchen unverhofft autobiographische Miniaturen auf wie “Heimkehr” oder “Mädchen im Wintergewitter”, die den persönlich so spröden Schriftsteller plötzlich sympathisch erscheinen lassen. Nicht zufällig erinnert “Strömung” an Hesse. Aber im Gegensatz zu dessen etwas verschwurbelter fernöstlich angehauchter Weltsicht bleibt Ransmayr nüchtern, klagend, unversöhnt.