Ortheil Hanns-Josef
Faustinas Küsse
btb 1998
Orteil ist ein sehr ambitionierter Autor, der sich gleichsam über seine Hauptfigur, einen römischen Spion, dem großen Goethe in Italien anzunähern versucht, oder besser anzubiedern.
Giovanni, ein junger Gelegenheitsarbeiter und -trinker, bekommt den päpstlichen Auftrag, Goethes Treiben in Rom zu beobachten. In konzentrischen Kreisen nähert er sich dem Objekt seines Interesses, lernt den Dichter aus dem Norden immer besser kennen, der Leser zwangsläufig auch. Schließlich sieht Giovanni es als seine Aufgabe, den schwermütigen Mann mit der wahren römischen Lebensart vertraut zu machen. Er führt ihm, ohne es zu wollen, seine eigene Geliebte zu, verstrickt sich in ein Netz aus Intrigen, das vom Vatikan ausgelegt wurde.
Aber die Handlung bleibt seltsam vage, unspannend. Der ganze Roman ist ein innerer Monolog der gequälten Seele dieses Giovanni. Man könnte grob sagen, dieses Spanners. Sieht sich Ortheil auch in dieser Rolle gegenüber Goethe?