Leseteufel Deutsch

Musharbash Yassin

    Radikal

Kiepenheuer&Witsch, Köln 2011

Precht

Musharbash (Jg 1975) arbeitet bei Spiegel-ONLINE und ist spezialisiert auf Terrorismusrecherche und arabische Themen, kein Wunder, denn er hat deutsch-jordanische Wurzeln.

Mit diesem Thriller-Debut legt er die Summe seiner Erfahrungen vor, und das ist beeindruckend. Er will die schwierige Situation der muslimischen Zuwanderer in der deutschen Gesellschaft schildern, gleichzeitig die deutschen Islamisten und die rechtsradikale Szene.

Aufgehängt hat er alles an der Story um den charismatischen grünen Bundestagsabgeordneten Lutfi Latif, seine palästinensische Assistentin Sumaya und seinen Sicherheitsberater Samuel (Samson) Sonntag, der wohl das alter ego des Verfassers ist. Latif bekommt Drohbriefe aus der Islamistenszene, aber auch von Rechtsradikalen und wird bei einem TV-Interview durch einen Sprengstoffanschlag getötet, im Beisein von Samson und Sumaya.

Samson, von Schuldgefühlen gequält, recherchiert verbissen, auch unter islamistischen Tarnidentitäten, im Internet, von Erinnerungen an die Szene um Muhammed Atta und seine Freunde in Hamburg gequält, die er für eine wissenschaftliche Arbeit interviewt und befreundet hat.

Ganz so einfach macht es der Autor den Lesern aber nicht. Er baut ein mäßig verwirrendes Netz von Handlungssträngen auf, ermüdet jedoch durch seine recht redundante Schilderung der Gedanken und Gefühle seiner Protagonisten. So quält sich der Leseteufel durch zwei Drittel des Romans, bis die Handlung endlich leidlich spannend wird, als Samson den konspirativen Zirkel rechtsextremer Prominenz unterwandert.

Da wird er verhaftet und als Attentäter Latifs beschuldigt. Aber seine Sumaya und Samson lassen ihn nicht im Stich. Mushbarash lässt offen, welche Seite tatsächlich für das Attentat verantwortlich ist. Angesichts der aktuellen Erkenntnisse über eine geheim agierende rechtsradikale Terroristengruppe, die sich jahrelang unerkannt durch Deutschland morden konnte, bekommt dieser Thriller ungeplante Brisanz.