Leseteufel Deutsch

Schwartz Tobias

    Nordwestwärts

Elfenbein, Berlin 2019

Precht

Tobias Schwartz (Jg. 1976) hat schon einen Roman und ein Theaterstück geschrieben, wohl auch mittels mehrerer Stipendien. “Nordwestwärts” entstand mit Hilfe eines deutsch-polnischen Stipendiums.

Als Vertreter der Enkelgeneration beschäftigt er sich hier mit der Flucht seiner Vorfahren aus Schlesien gegen Kriegsende, wobei er die Situation zwar schildert, aber den politischen korrekten Blick auf die Zeitläufte brav einhält. So sind die nachrückenden russischen Soldaten grausam, die Dorfgemeinde an der niedersächsisch-holländischen Grenze aber fast ebenso schlimm und abweisend gegenüber den schlesischen Flüchtlingen.

Das alles wird keineswegs in chronologischer oder auch nur irgendeiner Reihenfolge erzählt, sondern wie ein vielstimmiger Chor aus Gegenwart und Vergangenheit im Ablauf eines Tages.

Mit Mühe kann der Leseteufel einen Protagonisten ausmachen, nämlich einen David mit schlesischen Vorfahren, der als Arzt in Berlin lebt, aber nun, ähnlich damals seiner Großmutter mit Tochter, nordwestwärts in jetzt seine “Heimat” Emlichheim zurückkehrt, wo eine Freundin ein Kind von ihm erwartet. So klar, wie hier wiedergegeben, ist das Ganze jedoch nicht, dafür aber bedeutungsgeladen und völlig humorfrei. Vielleicht hat Schwartz sich auch zu viel vorgenommen und wird der Vielzahl seiner Figuren nicht mehr Herr.

“Am Ende des Pfades blieb er stehen und sah nord-nordwestwärts in die Richtung der vergangenen Kinderwelten.” (S. 141)

“Das alte Land” von Dörte Hansen mit ähnlicher Thematik ist viel, viel eindringlicher, weil nicht so konstruiert.