Leseteufel Deutsch

Mosebach Martin

    Das Beben

Hanser, München 2005

Precht

Im Klappentext wird der 1951 geborene Mosebach als der “große Ungleichzeitige unter den heutigen Schriftstellern” bezeichnet und das verlockt natürlich den Leseteufel, sich an diesen Roman zu machen. Ob Mosebach ihn geschrieben hat, weil er wusste, dass dieses Jahr Indien zu Gast auf der Frankfurter Buchmesse sein wird, weiß ich nicht; jedenfalls hat der Autor längere Zeit in diesem Land gelebt und schreibt zur Zeit von Indien aus Gastkolumnen in der SZ darüber.

 Auch ist mir unklar, wie das Bild der Muscheln auf den Einband kommt, denn Rajastan, in dem der Roman hauptsächlich spielt, liegt meines Wissens nicht eben am Meer. Aber vielleicht haben die Muscheln eine verborgene Bedeutung, ebenso wie die Handlung zahlreiche, allerdings nicht eben sehr verborgene Anspielungen auf homoerotische Empfindungen hat, obwohl hier eine Liebesgeschichte zwischen einer geheimnisvollen schönen Manon und dem Ich-Erzähler dargestellt werden soll. Dieser Mann, ein Architekt, flüchtet vor seiner enttäuschten Liebe nach Indien. Er wird nämlich von einem der abgedankten Könige dort beauftragt zu prüfen, ob sein heruntergekommener Palast in  Sanchor, wie so viele andere in Rajastan, in ein Luxushotel umgestaltet werden kann.

Der Erzähler fühlt sich zunehmend wohl in der anregenden Gesellschaft dieses schönen, edlen Königs und seines seltsamen Hofstaates und begleitet ihn auf seinen Fahrten zu seinen Untertanen, die immer noch Audienzen gleichkommen, obwohl ja bekanntlich Indien längst eine Demokratie ist. Mosebachs alter ego findet auch nichts dabei, dass hier noch das alte Ständesystem intakt ist. Er berauscht sich an der alten Kultur und den Menschen dort, vornehmlich den jungen, als feminin beschriebenen Männern. Seine ungetreue Geliebte Manon folgt ihm  und der König verliebt sich prompt in sie. Da er aber einen Schlaganfall erleidet, der als “Königsbeben” beschrieben wird, ist das ganze Indienabenteuer abrupt zu Ende.

Der Titel des Romans kommt eher etwas polternd daher, denn die Handlung plätschert so dahin, von Mosebach liebevoll ausgestaltet mit langatmigen Beschreibungen: “Kühe hoben die edlen Köpfe, wenn wir schüttelnd heranbrausten....” (S. 370) oder “Rein drang der süße Harmonikaakkord in jeden Winkel meiner Seele, die auf wehe Lust gestimmt war.” (S.383). In die Leserseele dringt eher Langeweile.