Weite_Welt

Holmquist Ninni

Die Entbehrlichen

Fahrenheit, München 2008

Ernestam2

Schon lange hat den Leseteufel kein Buch mehr so gepackt und beunruhigt wie dieser sci-fi-Roman.

Holmquist schildert eine perfekt geordnete schwedische Gesellschaft, in der alle wenig erfolgreichen, alleinstehenden kinderlosen 50jährigen Frauen und 60jährigen Männer in die “Reservebankeinheit” verbracht werden, wo sie, ähnlich wie in “Brave New World” ein fast sorgenfreies Leben führen, allerdings ihren Luxuskäfig nie mehr verlassen können, es sei denn, zur “Endspende”, wenn ihnen Herz, Lunge oder Leber oder alles zusammen entnommen werden, um  den “Benötigten” Mitgliedern der Gesellschaft eingepflanzt zu werden.

Wir begleiten Dorrit Wegner von ihrer Ankunft bis zu ihrer Endspende. Sie erzählt von den Anfängen dieser Entwicklung:”Zuerst kam das Gesetz, dass Eltern bei jedem Kind die Elternzeit zwischen den ersten achtzehn Monaten jedes Kindes genau gleich zwischen sich aufzuteilen haben. Dann wurden für alle Kinder zwischen achtzehn Monaten und sechs Jahren acht Stunden Kindergarten am Tag obligatorisch. Die Hausfrau und ihr männlicher Versorger sind längst nicht nur out, sondern abgeschafft.... Es gibt keine Entschuldigung mehr dafür, keine Kinder zu bekommen.” (S28/29)

Und wer seine gesellschaftliche Pflicht nicht erfüllt, gehört eben zu den Entbehrlichen.

Dorrit richtet sich in ihrer kleinen videoüberwachten und abgehörten fensterlosen Wohnung ein, findet gute Freundinnen und ihre große Liebe in Johannes. Wie alle anderen nimmt sie an medizinischen Versuchen teil, hat auch schon eine Niere gespendet, ist aber körperlich so fit, dass sie zu ihrer eigenen großen Überraschung mit 51 schwanger wird.

Als sie Johannes davon erzählt, weint er, wie sie denkt, vor Glück. Stattdessen muss er am nächsten Tag seine Endspende leisten. Dorrit ist verzweifelt, erfährt, dass sie entweder den Embryo gleich spenden muss oder das Kind nach der Geburt zur Adoption freigeben, da sie eine zu alte Mutter sein würde.

Wie schon bisher schreibt sie alles, was sie erlebt, auf, nützt eine Gelegenheit zur Flucht nicht wirklich, sondern lässt ihr Schicksal mit sich geschehen.

Ein bedrückender Blick in die Zukunft unserer Gesellschaft!