Weite_Welt

Chirbes Rafael

Die schöne Schrift

Kunstmann 1999

Ernestam2

aus dem Spanischen

Eine alte Dame, Ana, erzählt in einem Monolog ihrem verheirateten Sohn zum ersten Mal von ihrem Leben und dem seiner Familie. Der Anlass ist wohl, dass der Sohn das Haus seiner Mutter abreißen möchte, um einen Wohnblock zu bauen, in dem er dann seiner Mutter eine Wohnung einräumen will. Sie ist damit nicht einverstanden und nachdem wir ihre Lebensgeschichte mitverfolgt haben, wissen wir warum.

Hier schlüpft ein Autor so vollständig in die Rolle dieser Frau (seiner Mutter?), dass ein beklemmend eindringliches Portrait entsteht, voller Resignation und Trauer. Diese Frau klagt mehr über die versäumten Lebenschancen der anderen in ihrer Familie, mit denen sie leidet und fühlt, selbst dann noch zu verstehen sucht, wenn es aussichtslos ist. An sich denkt sie kaum und wirkt gerade dadurch so faszinierend.

Der Titel des kleinen Romans ist Metapher für das zerstörerische Element in dieser Familie, eine Schwägerin aus der Stadt, die glaubt, etwas Besseres zu sein und alle ruiniert. Vielleicht ist es auch eine Metapher für die schöne Scheinwelt der Literatur?