Weite_Welt

Padura Leonardo

Das Meer der Illusionen

Unionsverlag, Zürich 2005

Ernestam2

Leonardo Padura ist 1955 in Havanna geboren und gehört damit zur ersten revolutionären Generation in Kuba. Und er bekennt sich leidenschaftlich zu Havanna, weniger leidenschaftlich, sondern eher nostalgisch zum sozialistischen Erbe.

“Das Meer der Illusionen” ist der letzte Roman seines “Havanna Quartetts”, einer Folge von Krimis mit dem Ermittler Teniente Mario Conde. Er hat schon sein Entlassungsgesuch bei seinem neuen Chef eingereicht, muss aber noch in einem letzten Mordfall ermitteln: Die Leiche des Exilkubaners Miguel Forcade, erstmals 1989 nach 10 Jahren wieder in Cuba, um seinen sterbenden Vater zu besuchen, wird am Strand gefunden, erschlagen und kastriert. Da er früher der Leiter der Enteignungsstelle war, ist das ein brisanter politischer Fall.

Anfangs liest der Leseteufel voller Begeisterung über den kraftvollen Stil und die ungewöhnliche Sichtweise Paduras, der mit grellen Pinselstrichen ein Bild der kubanischen Gesellschaft malt. Sein alter ego Conde schwankt zwischen tiefster Melancholie über seine verpfuschten 10 Jahre bei den Polizei, worüber ihm nur der Rum und sein verschworener Freundeskreis hinweghelfen. Dann wieder malt er sich voller Euphorie sein neues Leben als Schriftsteller aus. Symbol für diese Wende in seinem 36jährigen Leben ist der auf Cuba zurasende Wirbelsturm, den er als Katharsis herbeiwünscht, bis er sich schließlich auf den letzten Seiten entlädt.

Und das alles ist gleichzeitig der Kritikpunkt an diesem Roman, der sich als Krimi kostümiert, um letztlich doch nichts anderes zu sein als die Autobiographie eines Schriftstellers. Es verstimmt den Leseteufel zunehmend, denn die Krimihandlung degeneriert zum Vehikel für Sozialkritik an den ehemaligen Reichen und Mächtigen.

Im Anhang erklärt Padura wortreich, sein Protagonist sei “... feinfühliger Mensch mit einer Lebenseinstellung, die beinahe die eines Schriftstellers oder Künstlers ist,.. eine sehr individualistische Person.” (S. 282). Ach, diese eitlen Schriftsteller!