Weite_Welt

Jokinen Seppo

Gefallene Engel

ars vivendi, Cadolzburg 2014

Ernestam2

Dieser Kriminalroman des ars vivendi Verlags ist schon ein haptisches Vergnügen. Auch die Übersetzung aus dem Finnischen von Gabriele Schrey Vasara überzeugt, von ein paar “Ungewittern” abgesehen.

Seppo Jokinen (Jg, 1949) sieht auf dem Umschlagfoto so aus, wie sich der Leseteufel seinen Ermittler Kommissar Joskinen vorstellt, hartnäckig, aber leicht aufbrausend, also nicht unsympathisch; sein Ermittlerteam wirkt kompetent, jede Figur ist liebevoll gezeichnet. Leider macht es die Fülle finnischer Straßen- und Personennamen schwierig, den Überblick zu behalten.

Es geht um den Mord an einem Schwerbehinderten in Tampere, der zwischen zwei Containern gefunden wird, der Rollstuhl ebenso achtlos im Gebüsch entsorgt. Die Ermittlungen gestalten sich schwierig, weil die Bewohner des “Wolfsstube” genannten Heimes für Behinderte wenig zugänglich sind. Der Ermordete war weder im Heim, noch in der Kneipe beliebt, in der er sich mit zwei ebenfalls an den Rollstuhl gefesselten Heimbewohnern zum Saufen traf. Alle drei schwierige, unangenehme Zeitgenossen, überhaupt nicht sozialromantisch verklärt.

Koskinen und mit ihm der Leser erfahren immer mehr über das Schicksal dieser Behinderten. Dann geschieht ein zweiter Mord an einer gleichfalls schwerst behinderten Frau, die allerdings bei allen sehr beliebt war. Als zusätzlicher Handlungsstrang kommt eine Diebstahlsserie hinzu.

Natürlich wird am Ende beides aufgeklärt, der Mörder dem Leseteufel eher bekannt als Jokinen. Ein unbedingt lesenswerter Roman, wobei die Krimihandlung das Gerüst abgibt für die Auseinandersetzung mit den Lebensbedingungen schwer Behinderter und ihres Pflegepersonals, ohne jeden moralisch erhobenen Zeigefinger.