Englischsprachige Literatur

Blunt Giles

Eisiges Herz

Droemer, München 2007

Galbraith3

Der Verlag hat sich entschieden, die 4 Titel der Cardinal-Krimis dem kalten kanadischen Ontario anzupassen. Dieser vierte Roman heißt im Original “By the time you read this”, was erheblich besser passt, da es sich um eine Selbstmordgeschichte handelt. Auch die Kategorie “Thriller” auf dem Einband ist irreführend. Das ist aber eher positiv zu werten, denn Unmengen Blut und detaillierte Schilderung von Leichenteilen in ihren verschiedenen Verwesungsstadien ist nur begrenzt goutierbar.

Auch in der Übersetzung wird der sehr eigene, angenehm unaufgeregte Stil Blunts spürbar, und seine Schilderung des farbenprächtigen kanadischen Herbstes lässt erkennen, dass Blunt sich zu Beginn seiner literarischen Laufbahn an Gedichten versucht hat, wie er unter anderem etwas sehr bereitwillig auf seiner home page bekundet.

Aber zur Handlung: Detective John Cardinal im kanadischen Algonquin Bay (Blunts Heimat) muss gleich zu Beginn den Tod seiner schon länger manisch-depressiven Frau erleiden. Sie hat sich unter Hinterlassung eines Abschiedsbriefes (siehe englischen Titel) vom Dach eines Hochhauses gestürzt, wo sie Fotoaufnahmen machen wollte. Alles deutet auf Selbstmord, nur Cardinal glaubt natürlich nicht daran.

Er wird beurlaubt, um Trauerarbeit leisten zu können, was der Autor ihn auch reichlich tun lässst. Gleichzeitig ermittelt er auf eigene Faust, unterstützt von Freunden im kriminalistischen System und von seiner Kollegin Delorme, die sozusagen schon hinter dem Vorhang darauf wartet, eine neue Liebesbeziehung Cardinals in Gang zu bringen, nachdem der Autor die Ehefrau auf die Seite geräumt hat.

Während sie an einem Fall bösester Kinderschändung ermittelt ( hier verschont uns Blunt nicht mit krassen Details), gerät für Cardinal zunehmend der langjährige Psychiater seiner Frau, ein Dr. Bell, in Verdacht. Da die Handlung die verschiedenen Personen abwechselnd in das Blickfeld rückt, weiß der Leser schnell mehr als der herumtapsende Detective, liest aber gespannt weiter.

Am Ende fügt sich alles zu einem schlüssigen, aber seltsam unbefriedigenden Bild. Vielleicht sollte der Leseteufel den ersten Band der Reihe, “Gefrorene Seelen”, lesen. Die ersten sind gewöhnlich die besten.